Bettina Hoffmann

Das Interesse an zwischenmenschlichen Beziehungen, Spannungen zwischen Intimität und Öffentlichkeit, führte mich zur Auseinandersetzung mit Identität, sei es im geschlechtlichen, sexuellen, politischem oder nationalem Zusammenhang.

In früheren Arbeiten habe ich Installationen und Objekte gemacht, in denen ich mich mit Kindheit und Erziehung auseinandergesetzt habe. Dabei interessierte mich das Kind, welches das Verhalten der Erwachsenen imitiert und von deren Gefühlen, Ängsten und Aggressionen beeinflußt wird (z.B. Pädagogisches Spielzeug, Schwimmen lernen).

In anderen Arbeiten beschäftigte ich mich mit dem Körper in seiner Verletzlichkeit, dem Konflikt von Intimität und Öffentlichkeit, was ich z.B. in den Installationen der Gemein-schaftsduschen visualisiert habe, in denen auch geschichtliche, politische und soziale Aspekte miteinfließen.

Dazu sind auch einige Badezimmer-Objekte entstanden, die sich um Körperreinigung und Sexualität drehen, wie die vergrößerten Badezimmerhaken, eine Seife, an der Schamhaare kleben oder eine Seife, in der eine Rasierklinge steckt. Das Objekt des Waschbeckens, dessen Abflußrohr bzw. Syphon durch das Becken hindurch geht, legt auch sexuelle Assoziationen nahe. Die Frage nach "männlich" oder "weiblich", z.B. was den Haarwuchs betrifft, führt unter Umständen zu schmerzhaften körperlichen Eingriffen, was ich in dem Objekt Haare ausreißen veranschaulicht habe.

Die Werbetafel der Unterhose mit Blutfleck bricht die Tabuisierung der Menstruation, die zur Entfremdung des eigenen Körpers der Frau und zum Unverständnis zwischen den Geschlechtern beiträgt.

In den Installationen nehme ich den Ort zum Ausgangspunkt für Lichtprojektionen , die Zeichen, Worte oder Bilder in den Raum integrieren. Ich benutze auch Gegenstände, die eine bestimmte Umgebung assoziieren, wie Schlaf- oder Operationssaal . In anderen Installationen besteht der Eingriff in den Raum in erster Linie in der Dia- oder Lichtprojektion.
In der Deckenprojektion Der Garten treiben, schweben, stürzen, fallen nackte Menschen, Männer und Frauen und sind auf ihren eigenen Körper zurückgeworfen.Im beengenden Keller einer alten Schule immitierte ich den Lichteinfall des Sonnenlichtes durch die trüben Fenster, durch die sonst nie Licht einfällt.

Für die fotografische Serie Affaires infinies fotografiere ich eine Person, die mehrfach in einem Bild auftaucht. Die Person nimmt unterschiedliche, gegensätzliche Rollen an, kann für die eine wie für ihr Gegenüber stehen.
Die dargestellte Person bin ich. Das “Ich” wird jedoch von den anderen ununterscheidbar. Identität stellt sich über die Position her, die eine Figur in der Szene einnimmt.
Die Personen fügen sich zu Paaren oder Gruppen und vereinzeln wieder. Sie interagieren miteinander, blicken sich an, begehren, fordern und warten.
Was geht hier vor? Was ist passiert oder wird gleich geschehen?
Mich interessieren die Zwischenbereiche, in denen sich nichts konkret ereignet, aber alles auf eine Handlung oder ein Geschehen hindeutet.

In den Fotografien Maître et chien stellt eine gewöhnlich gekleidete Person einen Hund nach. Die Anwesenheit eines Hundehalters verstärkt ihr “Hund-sein” und stellt die Frage nach der Bedeutung des Hundehalters. Ein Mensch als Hund posierend, erinnert an das Spiel eines Kindes. Von Erwachsenen gespielt wird es grotesk.
Das Bild des Hundes interessiert mich in seiner Ambiguität und Widersprüchlichkeit (Wachhund-Schoßhund). In dem Projekt geht um das “Tiersein”, wie um das “Menschsein”.
Der Hund steht einerseits für Unterwürfigkeit, Abhängigkeit und Dummheit, oder auch für Loyalität und Zuverlässigkeit. Auf der anderen Seite verkörpert er Stärke und Gewalt verkörpern. Er bellt, er beißt, er kann töten. Das “Tier-sein” steht für eine gewisse Freiheit; die Freiheit des Sich-gehen-lassens, des Auslebens von Trieben und Bedürfnissen.
Die Beziehungen von Hund und Hundehalter versinnbildlichen Beziehungen und Verhalten zwischen den Menschen. Dabei geht es um Kontrolle, Macht , Würdeund sexuelle Assoziationen.